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Eine mäßig vernetzte Stadt

Studenten des Connected Commerce Camps gehen dieser Frage auf den Grund und präsentieren Strategien für Bremens digitale Zukunft.

Kann ich im Internet bestellte Schuhe im Geschäft zurückgeben? Wie gut funktioniert das WLAN in der Innenstadt? Diese Fragen haben sich Studenten der Uni Bremen gestellt. Die Antworten sind ernüchternd.

Im November vergangenen Jahres sind rund 50 Studenten der Medienstudiengänge gemeinsam mit der Digitalagentur hmmh diesen Fragen nachgegangen und haben getestet, wie digital Bremen eigentlich ist (wir berichteten). Das Ergebnis: ernüchternd. Entweder sind die digitalen Lösungen unausgereift – wie das kaum funktionierende WLAN – oder nicht am eigentlichen Kundeninteresse orientiert. Nach zweimonatiger Vorbereitungszeit haben die Studenten am Sonnabend im Bremer Theater nun ihre Lösungsstrategien präsentiert.

Nicht immer sind die Pläne von Unternehmen auch das, was sich Kunden und Bürger wünschen. Dabei sei es wichtig, genau diese Wünsche zu identifizieren, sagt Björn Portillo, Managing Partner von hmmh – und das sehen auch die Studenten so. In einem Vortrag zum Stand der Digitalisierung der Bremer Innenstadt haben Laura Heissenbüttel, Annika Engelhart und Dustin Hesse Überschneidungen und Gegensätze von Unternehmensideen und Kundenwünschen herausgearbeitet. „Vieles wird rein der Technik wegen gemacht, ist aber nicht kunden- und bedürfnisorientiert“, resümiert Dustin Hesse. Mithilfe von Experteninterview und Umfragen innerhalb der Bevölkerung wollen die Studenten deshalb Handlungsempfehlungen für Unternehmen erarbeiten. Die untersuchten Themen reichen von digitalem Service im öffentlichen Raum, wie Ladestationen für Smartphones und Tablets, über das Einkaufen bis hin zur Mobilität und Gastronomie.

Digitales Stadtamt?

Im Fachjargon „Connected Commerce“ genannt wird die Verschmelzung von analogen und digitalen Konsumwelten – etwa im Einzelhandel. Aber auch Einrichtungen wie das Stadtamt sind davon betroffen, daher hat sich eine andere Gruppe Studenten mit der Digitalisierung von Behördengängen beschäftigt. „Stadtamt digital“ lautet die Initiative von Neeltje von Appen, Lena Dujin und Tobias Lappe – dabei ist das bisher einzige digitale Angebot in Bremen die Möglichkeit, Termine für die Kfz-Zulassung über das Internet zu vereinbaren.

Ein erstes Stimmungsfeld unter 50 Befragten zeigt, dass es Interesse an einem digitalen Stadtamt gibt. Vor allem die Terminvereinbarung und die Wartezeiten würden den Befragten die größten Probleme bereiten. Neben digitalen Strategien für Behördengänge, ist es den Studenten aber auch wichtig, Bürger beim Ausfüllen von Anträgen zu unterstützen – mithilfe von Erklärtexten und -videos sowie einem Chat, der bei Fragen helfen kann. Der grundlegendste Punkt ihres Konzeptes sei allerdings die Sprache. „Bisher ist das Stadtamt nur auf Deutsch zu erreichen“, erklärt Lena Dujin. Eine Übersetzung auf Englisch sei das Mindeste. Für eine bessere Verständigung vor Ort im Stadtamt – offline also – plant die Gruppe den Einsatz von Tablets mit Übersetzungsapps.

Studenten wollen Bremen als Stadt voranbringen

Agenturchef Björn Portillo ist begeistert von der Zusammenarbeit mit der Universität Bremen und der Möglichkeit, Studenten zu zeigen, dass es auch hier in Bremen Jobs in der digitalen Branche gibt. Doch nicht nur des Nachwuchses wegen seien diese Kooperationen wichtig. „Wir versuchen, Wirtschaft und Wissenschaft, Forschung und Praxis näher zusammenzubringen und enger zusammenzuarbeiten.“ Sonst würden die Unternehmen auf lange Sicht von der Entwicklung überholt, so Portillo.

„Bremen ist eine extrem attraktive Stadt“, sagt auch hmmh-Managing-Director Marcus Person. „Uns ging es nicht darum, Fehler zu finden, sondern zu schauen, wo wir stehen und es gemeinsam mit Studenten und Unternehmen besser zu machen.“

Zum Auftakt im November hatten verschiedene Unternehmen den Studenten ihre Digitalstrategie präsentiert. Bei den Vertretern der Bremer Straßenbahn AG zum Beispiel ging es um das bargeldlose Bezahlen in Bussen und Bahnen. Zur Abschlussveranstaltung sind sie nicht wiedergekommen – für Björn Portillo enttäuschend. Marcus Person sieht darin kein Problem, schließlich würde die Zusammenarbeit erst beginnen. Denn nach Ende der einzelnen Vorträge sollen die erarbeiteten Konzepte nicht in der Schreibtischschublade verschwinden. Im Zuge einer fortschreitenden Globalisierung und Digitalisierung sei es wichtig, in Bremen nicht vom Rest der Welt abgehängt zu werden, sagt Portillo. „Wir brauchen eigene Ideen.“ Die haben die Studenten geliefert – für eine besser vernetzte Zukunft Bremens.

Dieser Artikel wurde auf Weser-Kurier.de veröffentlicht.

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